Tribologie: Von den Ursprüngen der Reibungslehre

Auf da Vincis und Eulers Spuren

Früheste Entwicklungen

Reibkräfte und deren Auswirkungen beschäftigen die Menschheit bereits seit langem. Zahlreiche Anhaltspunkte belegen, dass unsere Vorfahren schon sehr früh Methoden suchten, um sich die Kraft der Reibung zu Nutze zu machen. Die Entfachung des Feuers, Hebel und Steinaxt als erste einfache Werkzeuge: Alles beruht auf Reibung. Auch die ersten Maschinen, Fiedelbohrer und Töpferscheibe, die vor 5.000 bis 6.000 Jahren entstanden, basieren auf dem Prinzip der Reibung. Die Nutzung von Rollen und Schlitten zur Reibungsminderung beim Transport schwerer Lasten sind allgemein bekannte tribologische Beispiele. Die frühesten Dokumente über die Nutzung von Rädern zur Reibungsminderung gehen auf das Jahr 650 v.Chr. zurück. Das heutige Wälzlager hat seinen Ursprung in den sogenannten „Rollkörpern“, die bereits im Alten Ägypten zum Pyramidenbau eingesetzt wurden und den Transport tonnenschwerer Steinblöcke über weite Strecken ermöglichten. Eine gezielte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Reibungslehre begann allerdings erst wesentlich später durch Leonardo da Vinci (1452-1519), der erstmalig Untersuchungen zur Reibung an horizontaler und schiefer Ebene und zum Verschleiß an Gleitlagern durchführte. Seit 1966 ist in Fachkreisen der Fachbegriff „Tribologie“ gebräuchlicher, der sich aus den griechischen Begriffen tribein = reiben und logia = Lehre ableitet und erstmals in Verbindung mit dem Jost-Report genannt wird, einer von der britischen Regierung beauftragten Untersuchung über Verschleißschäden. Seitdem spricht man im Zusammenhang von Reibung, Verschleiß und Schmierung von Tribologie und tribologischen Systemen.

Tribologie & Schmiermittel

Reibung und Schmierung gehören von jeher zusammen: Auch dies belegen zahlreiche frühe Funde. Bereits die Chinesen suchten nach wirksamen Schmierstoffen zur Reibungsminderung und nutzen zunächst Wasser als Schmiermittel, später eine Mischung aus pflanzlichen Ölen und Blei. Ebenso wussten die alten Ägypter um die reibungsmindernde Wirkung von Schmierstoffen und reduzierten durch eine Schmierung der Unterseite des Pharao-Thrones das benötigte Zugpersonal um 50 %. Ferner schmierten sie ihre Streitwagen mit Tierfetten oder einer Kombination aus Olivenöl und Kalk-Mehl. Ihren wirklichen Durchbruch erlebten Schmierstoffe allerdings erst mit dem Beginn der industriellen Revolution, als durch die zunehmende industrielle Entwicklung die Nachfrage nach Volumen und Qualität der Schmierstoffe steigt. Pflanzliche und tierische Öle werden nach und nach durch Mineralöle ersetzt, die durch Destillation und Raffination aus Erdöl, Schiefer und Kohle gewonnen werden.

Leonardo da Vinci (1452-1519) als Begründer der modernen Tribologie

Leonardo da Vinci untersuchte die Haftreibungszahl an der schiefen Ebene und ermittelte deren Wert mit f = 1/4. Auch das erste und zweite Reibungsgesetz, die sogenannten Gesetze der trockenen Reibung, sind auf ihn zurückzuführen. Diese beinhalten, dass die Reibkraft proportional zur Normalkraft und unabhängig von der scheinbaren Kontaktfläche ist und nicht nur von der Adhäsion sondern auch von der Abrasion abhängt. Die Abrasion hat besonders dann großen Einfluss, wenn der rauere Reibpartner aus härterem Material besteht, oder wenn in der Fügestelle Abrieb in Form vom harten oxidierten Metallpartikeln vorliegt. Im Jahre 1490 ersetzte er beim Wälzlager die flexible Verbindung zwischen zwei Teilen fast ausschließlich durch Kugeln und erzeugte so eine wesentlich geringere Reibung. Dabei entdeckte er, dass sich die Reibung verringert, wenn sich die Kugeln nicht berühren und entwickelte daraufhin Trennelemente, die eine freie Kugelbewegung ermöglichten.

Fortführung der Reibungsgesetze von Amontons

Der französische Physiker und Statthalter von Lille Guillaume Amontons (1663-1705) führte Untersuchungen auf dem Gebiet der Mischreibung durch. Dabei stellte er fest, dass die Reibungskraft von der Normalkraft abhängt und erkannte die Oberflächenrauheit als Ursache für das Auftreten von Reibung. Für ihn basierten Reibkräfte auf mechanisch-geometrischen Verzahnungen von Unebenheiten. Der Formschluss der Mikroerhebungen hemmt die Relativbewegung, so dass eine der Bewegungsrichtung entgegengesetzte Reibungskraft auftritt. Amontons definierte die Reibungszahl mit f = 1/3 und stellte 1699 die von Leonardo da Vinci entdeckten Gesetze der Tribologie der Académie Royale in Paris vor.

Tribologisches Erklärmodell von Desaguliers

Der Naturphilosoph John Theophilius Desaguliers (1683-1744) entwickelte ein erklärendes Modell zur Reibung, in dem er Reibkräfte auf den Einfluss der Kohäsion, bzw. Adhäsion zurückführt. Außerdem stellte er fest, dass bei besser polierten Oberflächen eine höhere Reibkraft auftritt, und dass zwei gut polierte und fest zusammengedrückte Bleikörper nur durch sehr große Kraft wieder getrennt werden können. Er führte auftretende Reibung auf den Einfluss von Kohäsion und Adhäsion zurück, konnte diese Idee aber noch nicht mit den quantitativen tribologischen Reibungsgesetzen in Zusammenhang bringen.

Entwicklung der Adhäsionstheorie von Newton

Der englische Naturforscher und Verwaltungsbeamte Sir Isaac Newton (1643-1727) definierte die Stoffkenngröße der dynamischen Viskosität: Die Adhäsionstheorie, bzw. Annahme einer molekular-mechanischen Ursache der Reibung entstand, die bereits von Desaguliers als Teilursache für die Reibung angenommen wurde. Diese Adhäsionstheorien wurden später in den 20er und 30er Jahren dieses Jahrhunderts von Bowden und Tabor bedeutend ausgebaut.

Entdeckung des Reibkoeffizienten „µ„ von Leonhard Euler

Der Schweizer Mathematiker und Physiker Leonhard Euler (1707-1783) untersuchte die Reibung an schiefen Ebenen. Dabei stellte er fest, dass die Haftreibung etwa doppelt so groß ist wie die Gleitreibung und führte den Reibkoeffizienten „µ„ ein, der heute in der Tribologie mit „f“ bezeichnet wird. Der Reibungskoeffizient bei Metallen wird an polierten Oberflächen gemessen, um eine mechanische Verzahnung größtenteils ausschließen zu können. Entscheidend sind die Adhäsions- und Kohäsionskräfte zwischen den beiden Materialien.

Charles Augustin de Coulomb als würdiger Nachfolger Amontons

Der französische Physiker Charles Augustin de Coulomb (1736-1806) führte grundlegende Gedanken Amontons hinsichtlich Oberflächenrauheit und Mischreibung weiter aus und befasste sich mit der Wechselbeziehung zwischen horizontal aufzuwendender Kraft und Gewichtsanteil. Nach Coulomb hängt der Reibkoeffizient einer Fläche nicht von der Belastung ab. Dies bedeutet, dass die Reibkraft proportional zum Gewicht und flächenunabhängig ist, da sie nur eine Funktion des mittleren Neigungswinkels der Rauheiten ist. Je ebener die Oberfläche, desto geringer sollte seiner Meinung nach auch die Reibung sein: Eine These, die nach heutigem Forschungsstand nur bedingt richtig ist.

Wichtige technische Erfindungen im 18. Jahrhundert

Die heutige Tribologie beginnt nach dem Ersten Weltkrieg, als hohe Belastungen, Geschwindigkeit und Temperaturen eine steigende Beanspruchung der Reibpaare kennzeichnen und dadurch eine physikalische Anpassung von Schmierstoffen notwendig machten. Pourpoint- und Viskositäts-Index-Verbesserer, Oxydations- und Korrosionsinhibitoren entstanden, gleichzeitig begann die Entwicklung der Syntheseöle. Zunehmend gewinnt der Einsatz von Metallkeramik an Bedeutung: Oberflächen aus Metallkeramik und keramische Schneidstoffe sorgen für höhere Effizienz und Langlebigkeit industrieller Lager und Getriebe. Durch moderne und innovative Öl-Additive wie DuraGear® oder PowerShot® (Verlinkung auf Landingpage) lassen sich die Oberflächen von Lagern, Getrieben und Verbrennungsmotoren sogar nachträglich im Reibungsprozess zu Metallkeramik-Oberflächen veredeln.

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